Pflege von Menschen mit Demenz

Die Pflege von Menschen mit Demenz kann sehr anspruchsvoll sein, insbesondere, was die Kommunikation oder den Umgang mit bestimmten Verhaltensweisen anbelangt.

Viele Menschen mit Demenz erhalten einen Pflegegrad, auch wenn sie körperlich noch rüstig erscheinen, da der personelle Unterstützungsbedarf hoch ist.

Kontaktieren Sie mich gerne, wenn Sie Unterstützung bei der Antragstellung eines Pflegegrads (veraltet: Pflegestufe) und damit auf Leistungen der Pflegeversicherung benötigen.

Gut zu wissen: auch für Menschen ohne Pflegegrad bzw. deren Pflegepersonen gibt es kostenlose Pflegekurse und individuelle Schulungen. Mehr Informationen dazu finden Sie HIER.

Kommunikation mit dementen Menschen

Für Menschen mit Demenz verlieren Wörter ihre Bedeutung.

Sätze – vor allem lange und verschachtelte – werden nicht mehr (richtig) verstanden und Zusammenhänge werden nicht mehr erkannt.

Kündigen Sie Ihr Gespräch an

  • Bauen Sie zuerst Blickkontakt auf und signalisieren Sie dadurch einen Gesprächsbeginn
  • Führen Sie das Gespräch möglichst auf Augenhöhe, z.B. durch Hinsetzen
  • Wird der Betroffene nicht für ihn klar ersichtlich angesprochen, kann es sein, dass er erschrickt oder die Ansprache nicht wahrnimmt. Außerdem drückt die Kommunikation auf Augenhöhe auch eine Wertschätzung aus

Körpersignale einbeziehen

  • Um Kontakt zu Dementen aufzubauen, kann Berührung sehr hilfreich sein, um ein Gespräch einzuleiten. Eine Berührung z.B. an der Hand oder an der Schulter kann Sicherheit vermitteln und gleichzeitig die Aufmerksamkeit wecken. Das Gleiche gilt für die Verabschiedung. Auch hier sind klare Signale wie z.B. Winken eine Botschaft, die leicht zu entschlüsseln ist.
  • Entsteht aber der Eindruck, dass Berührungen unangenehm sind, sollten sie vermieden werden. Vor allem an intimen Stellen wie z.B. Kopf oder Gesicht kann dies der Fall sein, denn diese Bereiche sind sehr vertrauten Personen vorbehalten.
  • Ihr gesprochenes Wort können Sie mit eindeutigen Gesten unterstreichen, da das Sprachverständnis verloren geht. So kann ein „setz Dich bitte an den Tisch“ mit einer einladenden Geste betont werden.

Die Art und Weise des Gesprächs

  • Sprechen Sie in einfachen und kurzen Sätzen.
  • Packen Sie nicht zu viele Informationen in einen Satz. Lieber mehrere, begreifbare Sätze nacheinander.
  • Geben Sie dem Betroffenen Zeit, das Gesprochene zu verarbeiten und zu reagieren.
  • Beachten Sie neben der verbalen Antwort auch nonverbale Reaktionen.
  • Vermeiden Sie offene Fragen, da demente Menschen schwer Entscheidungen treffen können. Stellen Sie lieber geschlossene Fragen, die mit klaren „ja“ oder „nein“ beantwortet werden können.
  • Auf manche Fragen wissen die Betroffenen keine Antwort (mehr). Vermeiden Sie es, solche Schwächen zu thematisieren, den dies kann Schamgefühle, Traurigkeit, Ablehnung oder Aggression verursachen.
  • Als Merksatz kann hier helfen: das logische Denken geht verloren, aber die Gefühlswelt bleibt erhalten.

Orientierung geben

Demenzkranke sind häufig von Orientierungsstörungen zur Zeit, Ort, Person und Situation betroffen. Die Ausprägung kann individuell stark sein und einen oder mehrere der genannten Bereiche betreffen und auch tagesformabhängig auftreten.

Vor allem neue und unbekannte Situationen wie z.B. ungewohnte Tagesabläufe, fremde Orte, viele wechselnde Personen können bei den Betroffenen Stress hervorrufen. Dieser äußert sich bei dementen Menschen aber nicht immer eindeutig, sondern durch sogenanntes „herausforderndes Verhalten“.

Dies kann eine motorische Unruhe mit scheinbar ziellosem Hin- und Herwandern oder auch verbale / selbstaggressive / fremdaggressive Verhaltensweisen oder der Rückzug in angstbehaftetes oder passives Verhalten.

Daher ist das Vermitteln von Orientierung und damit Sicherheit umso wichtiger, um die beschriebenen Reaktionen und Verhaltensweisen möglichst zu vermeiden.

Zeitliche Orientierung geben

Demente Menschen haben Probleme mit der Zuordnung der Zeit. Sie wissen oft nicht, welches Datum, welche Uhrzeit oder welcher Tagesabschnitt ist (bis hin zur Tag- Nacht-Umkehr), welche Jahreszeit etc. ist.

Eine optische Orientierungshilfe kann ein großer Kalender sein, von dem der Wochentag und das Datum mit ausgeschriebenem Monat und sogar die Jahreszeit abgelesen werden können. Auch gut lesbare Uhren, aus denen der Tagesabschnitt hervorgeht können hilfreich sein.

Klare und möglichst gleichförmige Rituale zu den gleichen Zeiten geben zusätzlich Sicherheit. Hier kann auch die Kommunikation hilfreich sein, wenn z.B. bei „guten Morgen“ oder „guten Abend“ die Tageszeit in den Gruß einbezogen wird. Pflegen Sie Gewohnheiten, wenn diese bislang wichtig waren und Sie das Gefühl haben, dass diese Ihnen nach wie vor gut tun.

Zeiträume können dagegen meist schwer eingeschätzt werden, da sie zu abstrakt sind. Die Auskunft „ich komme in 10min wieder“ ist für Betroffene bedeutungslos und wird schnell vergessen.

Örtliche Orientierung und Sicherheit geben

Haben demente Menschen örtliche Orientierungsschwierigkeiten, kann innerhalb der Wohnung Orientierung gegeben werden. Dies können z.B. Schilder an den Zimmern sein, die durch große Buchstaben gut lesbar sind. Ist die Lesefähigkeit beeinträchtigt, können Bilder helfen. Dasselbe kann man auch mit Schränken oder Schubladen machen.

Platzieren Sie wichtige Gegenstände wie z.B. die Brille an den immer gleichen, gewohnten Orten.

Demente Menschen verlieren unter Umständen das Gefahrenbewusstsein.

Hier sollte in der Wohnung behutsam für Sicherheit gesorgt werden, möglichst, ohne die Wohnung allzu sehr zu verändern. Eine gute Beleuchtung kann Stürzen vorbeugen und Schatten vermeiden. Letztere können bei Betroffenen Angst auslösen. Ggf. sollten Sie Medikamente, Reinigungsmittel, Feuerzeug an einem sicheren Ort aufbewahren.

Auch der Einsatz von Sensoren z.B. zur Vorbeugung eines Wasserschadens oder Rauchmeldern wie auch das Anbringen von Herdsicherungssystemen sollte überdacht werden.

Bei einem unsicheren Gangbild oder Sturzneigung sollten Sie die Anschaffung eines Hausnotrufs in Erwägung ziehen. Liegt ein Pflegegrad vor, kann dieser durch die Pflegeversicherung bezuschusst werden. Gefährliche Bereiche können verdeckt werden, wie z.B. der Sicherungskasten.

Wenn Treppen ein zu großes Risiko werden, ist ein Treppenlift eine sichere Alternative.

Wird die Toilette nicht mehr gefunden und/oder bei Inkontinenz können Pflegehilfsmittel zum Verbrauch hilfreich sein. Ist ein Pflegegrad vorhanden, trägt die Pflegeversicherung nach Genehmigung die Kosten dafür.

Ist im Bad nur eine Wanne vorhanden oder eine Dusche mit hohem Einstieg, kann dies in der Wahrnehmung der Betroffenen ein unüberwindbares Hindernis darstellen. Hier kann ein Umbau von „Wanne zur Dusche“ eine sichere Alternative darstellen. Auch diese Maßnahmen können durch die Pflegeversicherung bezuschusst werden.

Karten mit Telefonnummern von Angehörigen / Bezugspersonen können in Jacken- / Hosen- / Hemdtaschen gesteckt werden oder in der Innenseite der Kleidung angebracht werden. Auch empfiehlt es sich, ein aktuelles Foto zur Verfügung zu haben z.B. im Fall einer polizeilichen Suche.

Manche Hausnotrufsysteme haben ein integriertes GPS-System für Aktivitäten außer Haus, was bei der Ortung hilfreich sein kann. Hier sollte aber die rechtliche Zulässigkeit des „Trackings“ vorab geklärt werden.

Freiheitsentziehende Maßnahmen wie z.B. das Abschließen von Türen, das Wegnehmen von Hilfsmitteln, das Fixieren am Stuhl sind nur unter bestimmten Voraussetzungen möglich und bergen neben den rechtlichen Risiken auch die Gefahr von Verletzungen.

Situative Orientierung geben

Für demente Menschen ist es oft mühevoll, Situationen zu begreifen und manchmal ist die Fähigkeit auch erloschen. So sitzen Betroffene zum Beispiel mit dem Waschlappen in der Hand vor dem Waschbecken und wissen aber nicht, was zu tun ist. In solchen Situationen wird Anleitung und Beaufsichtigung benötigt.

Auch bei der Nahrungsaufnahme treten oft Schwierigkeiten auf. Das Trinken und Essen wird vergessen, mundgerecht zubereitetes oder passiertes Essen wird nicht als solches erkannt. In diesen Situationen können Rituale hilfreich sein. Vertraute Düfte im Bad oder bestimmte vertraute Abläufe am Tisch können anregend sein. Erinnerungen sollen geweckt werden, die eine Handlung stimulieren können. Ebenso kann vertrautes Essen aus jungen Jahren eine Anregung sein, wenn der Betroffene z.B. aus einer anderen Region stammt – Biographiearbeit ist hier wichtig. Ist die Besteckhandhabung nicht mehr geläufig, kann sog. „Fingerfood“ angeboten werden.

Pflegerische Handlungen können irritierend wirken („jemand beginnt plötzlich, mich auszuziehen“), demzufolge wird die Tätigkeit abgelehnt oder es wird sogar mit sogenanntem „herausforderndem Verhalten“ bzw. Aggression reagiert. Die Pflegehandlungen sollten daher immer angekündigt werden und dann in kleinen Schritten fortlaufend erklärt werden. Sensibler Körperkontakt gibt hier zusätzliche Sicherheit.

Binden Sie den Betroffenen auch in den Alltag ein, damit vermitteln Sie das Gefühl, gebraucht zu werden und „dabei zu sein“. Orientieren Sie sich daran, was der Betroffene gerne gemacht hat und was heute Freude bereitet. Dies kann z.B. das Kleinschneiden beim Kochen sein, Hilfe im Garten, Wäsche zusammenlegen.

Wenn Sie den Eindruck haben, der Betroffene fühlt sich bei seiner Tätigkeit wohl, behalten Sie dies bei, auch wenn das Ergebnis aus Ihrer Sicht nicht immer Ihren Optimalvorstellungen entspricht.

Folgende Methoden können hilfreich und unterstützend im Umgang mit Demenz sein:

Biografiearbeit

Die Biografiearbeit ist eine Methode, vorhandene Fähigkeiten zu fördern, um sie möglichst lange zu bewahren. Die Betrachtung dabei geht weg von Gedanken, was jemand nicht mehr kann / Defizite vorhanden sind, sondern richtet den Blick vielmehr darauf, welche Fähigkeiten vorhanden sind, um diese gezielt zu aktivieren.

Die Biografie des Betroffenen hat hier eine zentrale Funktion, da sie sehr viele Informationen über den Menschen birgt. Vertraute Gegenstände wie z.B. Fotos oder andere Erinnerungsstücke sollen Erinnerungen wecken und bewahren und einen Bezugspunkt für eine Kommunikation geben.

Validation

Validation wurde für die Begleitung und Kommunikation von Menschen mit Demenz entwickelt und wurde von Naomi Feil entwickelt. Das zentrale Element der validierenden Kommunikation ist, dass Verhalten und Erleben von Dementen als gültig akzeptiert wird und nicht korrigiert wird. Wünsche und Bedürfnisse werden versucht zu verstehen und sollen entsprechend reflektiert werden.

Das Ziel ist, dass die Betroffenen durch Verständnis und Akzeptanz ruhiger in ihrem Verhalten werden, weil sie sich angenommen und verstanden werden. Validation hat kein heilendes Ziel, sondern soll Entlastung geben. In der Validation wird versucht, die Emotionen zu verstehen, die hinter einer Verhaltensweise oder einer Aussage stecken.

Das Verhalten oder Gesprochene soll dabei aber weder bewertet noch korrigiert werden. Geantwortet wird so, dass der Betroffene emotional versteht und dadurch Nähe und Vertrauen aufbauen kann. Konflikte und herausforderndes Verhalten sollen dadurch vermieden werden.

Die Methode ist insofern begrenzt anwendbar, als dass sie ein gewisses Sprachverständnis beim Betroffenen voraussetzt. Ist das Sprachverständnis erloschen, stößt Validation an ihre Grenzen.

Realitätsorientierungstraining (ROT)

Menschen mit Demenz verlieren mit dem Voranschreiten der Erkrankung den Realitätsbezug auf unterschiedlichen Ebenen. Dies kann zeitlich sein, so dass sie nicht mehr wissen, welche Tages- oder Jahreszeit vorherrscht oder auch zur Person, so dass vertraute Personen mit Mühe oder nicht mehr erkannt werden.

Auch die örtliche Orientierung kann gestört sein. So geht die Orientierung in der eigentlich bekannten Wohngegend verloren oder auch innerhalb der Wohnung werden Räume nicht mehr gefunden.

Das Realitätsorientierungstraining kann diese Orientierung erhöhen und Sicherheit vermitteln. Auch bei diesem Konzept geht es nicht um Korrektur und Bevormundung, sondern um den Erhalt von Selbständigkeit und Lebensqualität. In den Tagesablauf und in Gespräche werden Orientierungspunkte eingeflochten, um Hinweise und Sicherheit zu geben.

Ein typisches Gespräch kann z.B. lauten: „Es ist gleich 12.00 Uhr mittags, hast Du auch Hunger?“ Auch die Gestaltung der Wohnung kann z.B. jahreszeittypische Orientierung geben wie z.B. ein Adventskranz auf dem Tisch oder Osterdekoration. Ein deutlich sichtbarer Kalender und eine Uhr können zudem Orientierung bieten. Türen oder Schränke können mit Text, Symbolen oder Bildern deutlich gekennzeichnet sein.

Verwendete Quellen/Literatur:

Bundesministerium für Gesundheit (Hg.): Ratgeber Demenz. 14. Auflage. Berlin 2019

Deutsche Alzheimer Gesellschaft e.V. Selbsthilfe Demenz: 11 Tipps zur besseren Verständigung mit Menschen mit Demenz (Poster)

Haberstroh, J., Neumeyer, K., Pantel, J.: Kommunikation bei Demenz. Springer Verlag. Berlin Heidelberg 2016

Ruhe, H.: Praxishandbuch Biografiearbeit. Beltz Juventa. Weinheim und Basel 2014

Zentrum für Qualität in der Pflege: Demenz – Anregungen für Partnerinnen und Partner. 11. Auflage. 2021

I care – Pflege. 1. Auflage. Georg Thieme Verlag Stuttgart 2015

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